Ein_Liberaler
Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
- 14. September 2003
- 4.926
Woppadaq schrieb:Oder deines eigenen Bildes. Ein Versuch, es mit fremder Hilfe auf Richtigkeit und Schlüssigkeit abzuklopfen.
Mach ich im Grunde genommen auch.
Ja, hast recht. Entschuldige bitte.
Schade. Denn wie ich schon sagte, klingt alles ein bißchen abenteuerlich. Aber vielleicht ist ja was dran. Man lernt nie aus.
Bedaure. Die meisten Bücher zum Thema hatte ich sogar nur geliehen, und es handelt sich ja meist nur um Randbemerkungen und kurze Abschnitte.
Streitest DU jetzt eigentlich die Aufrüstung Deutschlands ab, oder behauptest du, Polen hätte dies geglaubt ?
Abstreiten, ein viel zu hartes Wort. Darf ich in diesem Zusammenhang "relativieren" sagen? Aufrüstung hat stattgefunden, wahrscheinlich in einem Maß, wie wir uns das gar nicht mehr vorstellen können. Aber sie war längst nicht so erfolgreich, wie die Nazipropaganda das glauben machen wollte. Unter anderem war eigentlich gar nicht vorgesehen, mit den Panzern I und II in den Krieg zu ziehen, die sollten nur der Ausbildung dienen. Weil das Panzerbauprogramm längst nicht so weit war, wie es sein sollte, wurde das dann doch nötig. Munition war viel zu wenig vorhanden. Nur Pistolenmunition gab es reichlich, bei allen anden Munitionsarten herrschte von Kriegsbeginn bis Kriegsende Mangel, die Front lebte von der Hand in den Mund. Auch war die Wehrmacht lange nicht so weit motorisiert, wie sie tat, sondern weitgehend von Pferden abhängig.
Das ging soweit, daß hohe Generalstabsoffiziere von der Aussicht auf Krieg (zu diesem Zeitpunkt) entsetzt waren, es gab erste Pläne zu Hitlers Ermordung. Daß die zum Unglück der Welt fallengelassen wurden, war eine Folge der überraschend schnellen Erfolge.
Die polnische Propaganda spielte die Fähigkeiten der Wehrmacht natürlich noch weiter herunter als berechtigt. Soweit ich das beurteilen kann, waren die stolzen Polen auch ausgesprochen zuversichtlich.
Das ist das Problem. Deswegen könnten es eben doch nur Vermutungen, Mißverständnisse oder artikuliertes Halbwissen sein. Schlüssig ist vieles, was du schreibst, eben nicht unbedingt. Ohne gewisse Fakten ist da kein Weiterkommen.
Das ist zweifellos richtig, beurteilen kannst Du den Wert meiner Behauptungen nicht, wenn nicht einer von uns beiden recherchiert.
Sicher. Es ist ja auch einfacher, in ein aufstrebendes deutsches Reich mit Großmachtansprüchen und einem österreichstämmigen Oberhaupt, daß sich als noch größer als der Papst betrachtet, eingegliedert zu werden als in eine verkurfürstete, sich selbst behindernde Demokratie. Bliebe die Frage, was die Österreicher bewogen hat, das mit der Wiedervereinigung bis heute sein zu lassen.
Also... 1918, lange vor Hitler, wollte sich das gedemütigte, amputierte Deutschösterreich gern an Deutschland anschließen. Das wurde von den Siegermächten verboten.
Ob der Anschluß unter Hitler auf mehrheitliche Begeisterung stieß, wage ich nicht zu beurteilen.
1945 stand es nicht mehr zur Debatte. Die Sowjetunion hätte es nicht zugelassen.
Heute wären die Österreicher schön blöd, sich an den kranken Mann Europas anzuschließen.
Mal ernsthaft: Wenn Dir die Anschlußwünsche von 1918 unbekannt waren, wäre es dann nicht die Erwägung wert, mir ein klein bißchen zu vertrauen, da ich mich ja offenbar mehr mit der Sache beschäftigt habe und ideologisch eigentlich unverdächtig bin?
Ein_Liberaler schrieb:und die Juden, nun ja, Antisemit war man ja eh gewesen. Antisemitismus war in der ganzen westlichen Welt verbreitet.
Antisemitism. hatte es schon gegeben, aber keinen politischen. Ich versteh schon was, du meinst, deine Schlußfolgerung ist aber etwas pauschal.
Nein, Rassegesetze und solche Unsäglichkeiten wie das Verbot, in der Straßenbahn zu sitzen, hatte es tatsächlich seit über hundert Jahren nicht gegeben. Man war als Nichtjude damals aber noch viel eher als heute bereit, so etwas hinzunehmen. Antisemitism. war noch nicht im heutigen Ausmaß diskreditiert und allerorten ein gesellschaftliches, wenn auch kein juristisches Phänomen.
Das kleinere Übel von was ?
Das kleinere Übel verglichen mit dem kommunismus.
Erzähl mir mal bitte die Rolle Hindenburgs am Aufstieg Hitlers ! Hitler ist nämlich mitnichten von der Mehrheit des deutschen Volkes gewählt worden.
Das ist mir selbstverständlich bekannt. Der Reichskanzler wurde ja sowenig vom Volk gewählt wie der Bundeskanzler, er wurde ernannt. Hindenburg hat Hitler bekanntlich verachtet, er hat versucht, ihn einzubinden und auszunutzen.
Ein_Liberaler schrieb:Hitler hatte Interesse am Krieg mit Frankreich und England? Welches? Wieso hat er wiederholt versucht, England Friedensangebote zu machen?
Was weißt du über den Münchner Vertrag ?
Worauf willst Du hinaus?
Großbritannien hatte, wie auch Rußland, ein Interesse an einen Zweifrontenkrieg, richtig. Das jetzt als Interesse an einen Weltkrieg auszulegen ist aber mehr als gewagt.
Gut, aber hätte es den Krieg nicht zum Weltkrieg gemacht, wenn es gelungen wäre, 1939 schon die USA hineinzuziehen?
Rußland hatte erst ein Interesse am Zweifrontenkrieg, als Hitler es angriff. Bis dahin hoffte Stalin, der Westen werde sich gegenseitig zerfleischen und einer russischen Invasion den Weg bereiten.
Hitler dagegen hatte eindeutig ein Interesse, mit so wenig Nationen wie möglich gleichzeitig Krieg zu führen. Er hat deshalb zum Beispiel auch alle amerikanischen Provokationen (Beschießung von U-Booten z.B.) klaglos ertragen und erst nach Pearl Harbour in idiotischer Bündnistreue den Krieg erklärt.
Naja, als bereits halb Europa erobert war und eine Invasion Hitlers in Großbritannien drohte, klaro.
Gut. Weil Du doch "alles" bestreiten wolltest.
Ein_Liberaler schrieb:Bei dem Versuch, ein Bündnis mit Rußland zu schließen, war er gescheitert, weil sein Truppenaufgebot Stalin hochgradig lächerlich erschien.
Bestreitest Du das?
Ich bin eher erstaunt, daß du sowas unlogisches wirklich für bare Münze nehmen kannst.
Vor Beginn des Krieges versuchte England, Rußland in das Bündnis zum Schutz Polens zu holen. Stalin erklärte, er könne, ich weiß nicht mehr wie viele, sagen wir hundert Divisionen stellen. Wie viele die Engländer bieten könnten? Fünf (oder so), und nach soundsoviel Wochen noch fünf. Worauf die russischen Unterhändler sich kaputtlachten und lieber mit Deutschland handelseins wurden.
Erklär mir mal, was mein geschriebenes mit dein geschriebenen zu tun hat !
Ach, das führt zu nichts.
In Afghanistan hat es bei einem Angriff der Amerikaner eine Familie mit 12 Kindern getroffen. Die Amerikaner haben den überlebenden Vater um Verzeihung gebeten, und der hat gesagt "Wenn ihr diesen Krieg beendet, verzeih ich euch !"
Eine Vergewaltigung ist ja wohl was anderes als ein Kollateralschaden! Das eine kann einem, das sage ich als Soldat, passieren, das andere ist ein lupenreines Verbrechen! Diesen Vergleich haben diese Amis (nicht die in Abu Graib) nun auch wieder nicht verdient.
Ergänzung:
Die Rassegesetze, die Reichskristallnacht, die Boykotte und Arisierungen hätten mit Sicherheit ausreichen sollen, jeden anständigen Deutschen zu empören. Leider sind viel weniger Menschen in dem Sinne anständig, als wünschenswert wäre.
Was wird nicht heute alles an Menschenrechtsverletzungen hingenommen? Wer steht nicht fassungslos vor der Rassentrennung in den amerikanischen Südstaaten bis nach dem Krieg, vor dem Apartheidregime?
Und nicht zuletzt haben die Machthaber den empörten Bürgern die Organisation voraus. Warum gehorchen Soldaten ihren Offizieren, wo sie doch zahlenmäßig überlegen und besser bewaffnet sind? Nicht zuletzt, weil die Offiziere organisiert sind. Wie wurde der Kapp-Putsch beendet? Durch einen Generalstreik. Unmöglich ohne Organisation. Was hat zum Erfolg der Orangenen Revolution geführt? Organisation, unterstützt aus dem Ausland. Das Naziregime hat es aber nur zu gut verstanden, die gesamte Organisation Deutschlands in seiner Hand zu vereinen.